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Abgetaucht in Verdun...

Motorradtour durch Eifel, Ardennen in die Champagne

Vergangenen September waren Helene und ich ja mal für einen Tagesausflug in Verdun und damals war uns klar, dass wir da nochmal hinfahren würden; dann jedoch im Sommer.

 

So planten wir schon seit geraumer Zeit eine Wochenendtour für das erste Augustwochenende dorthin - ohne zu ahnen, dass es jetzt im August wettermäßig wieder nicht so berauschend werden würde. Die Tour fiel zwar überwiegend ins Wasser, aber gefahren sind wir sie trotzdem - und es hat irre Spaß gemacht.

 

Am Freitagmorgen trafen wir uns mit unseren Freunden Anja und Andreas aus Köln (beide auf einer R 1200 GS Adventure), Gudrun und Frank aus Baumberg (beide auf einer R 1200 GS) sowie meinem Bruder Jörg aus Mettmann, ebenfalls auf einer R 1200 GS unterwegs. Das hörte sich nach einer Herausforderung für unsere betagte 1100 RT an, aber, um es vorwegzunehmen: Unser Reisetourer hielt größtenteils wacker mit.

 

Größtenteils, denn eine unschöne Ausnahme gab's jedoch gleich zu Beginn der Tour. Wir sind von Köln aus über die Autobahn A 1 bis nach Blankenheim gefahren und wollten von dort über die Landstraßen das schöne Ourtal in Belgien erreichen. So lautete jedenfalls der Plan - bis dann wieder das kölsche Grundgesetz ins Spiel kam: Et kütt wie et kütt...

 

Wir hatten uns in Höhe von Prüm schon kurvenmäßig leicht eingeschwungen, als ich plötzlich hinter dem Dorf Heckhuscheid in einer langgezogenen Linkskurve mehrere harte Schläge an der Gabel spürte und hörte. Es fühlte sich an, als würde das Mopped auseinanderbrechen; mein Puls war binnen Sekundenbruchteilen weit jenseits von 150 Schlägen.

 

Es gelang mir aber, das Motorrad abzufangen und an einer einsamen Bushaltestelle zum Stillstand zu bringen. Kaum aufgebockt, sahen wir dann das Ausmaß des Schadens: Beide Schrauben des vorderen rechten Bremssattels waren weg; der Bremssattel hing nur noch am Schlauch! Kaum auszudenken, was hätte passieren können, wenn wir noch durch ein Schlagloch oder über eine Bodenwelle gefahren wären und sich das Ding in der Felge verkantet hätte.

 

Wir warteten dann in der Einöde von Heckhuscheid zwei Stunden auf einen Servicemitarbeiter, der in der Lage war, neue Schrauben mit dem richtigen Drehmoment zu montieren. Zwischenzeitlich erkundeten einige von uns das Gelände, Andreas betätigte sich mehr oder minder erfolgreich als Kuh-Flüsterer und mein Bruder pflückte schonmal vorsorglich das Abendessen in Form einer handvoll wilder Brombeeren. Zum Glück konnten wir aber nach knapp zweieinhalb Stunden unsere Fahrt endlich fortsetzen, was auch meine Laune schlagartig wieder besserte.

Blümchen pflücken in Luxembourg

Klar, dass es noch eine ganze Weile dauerte, bis ich wieder Vertrauen ins eigene Motorrad hatte. Ich fuhr, so resümierten unsere Mitfahrer bei der nächsten Pause überaus höflich, doch auffallend sehr verhalten. Es stimmte schon.

 

Vor lauter Konzentration auf mögliche "komische" Geräusche oder jegliche unbekannte Vibrationen der Maschine verlor ich die Orientierung und fand - trotz Navi - nicht mehr die richtige Einfahrt ins Ourtal. Als wir dann das dritte Mal an Heckhuscheid vorbeifuhren, bat ich Andreas, bis zum nächsten Zwischenziel in Dasburg den Führer zu machen. Die eindrucksvolle Fahrt durch das schöne Ourtal mußten wir bis zur Rückfahrt verschieben.

 

Nach einem preiswerten Tankstopp direkt hinter der Dasburger Brücke in Luxemburg ging es dann über Vianden und Ettelbrück in Richtung französische Grenze.

 

Normalerweise ist auch diese Strecke ein wahres Eldorado für Kurvenjunkies - doch es dauerte immer noch, bis das Motorrad und ich wieder "echte Fründe" wurden. So wurde die Passage durch Luxemburg dann auch eher eine "Blümchenpflückerfahrt" mit einigen Zigaretten- und Kaffeepausen.

 

Bis dahin war das Wetter übrigens noch ganz gut; ein bisschen bewölkt zwar, aber trocken. Kaum hatten wir aber die Grenze nach Gallien überquert, sahen wir in der Ferne richtig bedrohlich dunkle Wolken auf uns zukommen - natürlich genau aus der Richtung kommend, in die wir fahren wollten.

 

Über Longwy, Longuyon und Mangiennes ging es dann über eine Art Hochebene fast nur geradeaus hinunter nach Verdun.

 

Passierten wir anfangs noch eher langweilige Industriegebiete, wurden es nach und nach immer mehr kleinere Dörfer mit ziemlich pittoresken Häuschen und belebten Marktplätzen. Bei solchen Bildern fiel es uns nicht schwer, schnell vom Arbeitsstreß der letzten Woche abzuschalten und sich sofort wie im Urlaub zu fühlen.

 

Das windige, aber trockene Wetter hielt bis sage und schreibe dreihundert Meter vor unserem Hotel in Verdun, doch dann öffneten sich alle Schleusen. Aus knapp fünfzig Meter Entfernung sahen wir eine regelrechte Wasserwand auf uns zukommen. In kürzester Zeit prasselte soviel Regen und Hagel auf uns runter, dass wir dachten, irgendwo wäre ein Staudamm gebrochen.

Land unter in Verdun

Wir waren froh, im Hotel "Saint Paul" in Verdun angekommen zu sein. Während wir vom Wirt der Brasserie nebenan unser erstes Bier in die Hand gedrückt bekamen, konnten wir von der Terrassentür bestaunen, wie unsere Motorräder buchstäblich im Wasser baden gingen...

 

Uns kam die Sintflut jetzt allerdings gar nicht so ungelegen, bot dieses Schauspiel doch die Möglichkeit, noch das ein oder andere Bier "nachzuschieben" - immer mit einem Auge auf die Motorräder, versteht sich.

 

Das Gewitter verzog sich nach dem fünften Bier - und wir uns auf unsere Zimmer zum Umziehen, denn wir wollten nun etwas Essen gehen.

 

Das "Saint Paul" ist ein kleines Privathotel mit dem Charme der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts - aber immerhin mit kostenlosem WLAN. Die Zimmer sind einfach eingerichtet, Luxus ist Fehlanzeige (natürlich haben sie aber Dusche & WC). Auf jeden Fall ist alles sehr sauber und der Preis für ein Doppelzimmer (40 Euro) ist völlig ok. Wem das zu einfach ist, der kann in Verdun leicht auch Zimmer für dreihundert Euro und mehr finden.

 

Wer mit uns fährt, weiß, dass es keine langen Fußwege gibt - entsprechend war auch das Hotel St. Paul ausgesucht: Es lag am nördlichen Rand der Altstadt; direkt hinter dem Triumphbogen und nur wenige hundert Meter von unzähligen Restaurants und Bars entfernt.

 

Den Abend ließen wir dann bei Bier & Wein und viel Essen im Restaurant "Le Boucher du Quai" am Ufer der Maas ausklingen. Das Lokal ist gewiss kein Drei-Sterne-Gourmetladen, aber das Essen ist gut und sehr preiswert - wo bekommt man schon noch ein Entrecôte für 10 Euro ?

 

Am nächsten Morgen trafen wir uns alle zum Frühstück - oh pardon, zum petit déjeuner - in der Boulangerie Stadelmann auf der Rue Chaussée. Da es im Hotel nur Croissants und Marmelade zum Kaffee gab, wollte die Mehrheit von uns lieber in die Bäckerei gehen und "was ordentliches" frühstücken. Am Ende aßen dann alle trotzdem nur Croissants mit Marmelade...

Statt Champagnerbad gab's ein Regenbad...

Der Samstag stand erstmal im Zeichen der Champagne und logischerweise im Zeichen des berühmtesten Produktes, dem Champagner. Am späten Vormittag brachen wir bei zunehmenden Regenschauern gen Westen auf und schafften es ganze dreißig Kilometer bis nach Clermont en Argonne.

 

Irgendwie schien der Regen in einem bestimmten Abschnitt unseres Mini-Motorradkorsos immer besonders naß gewesen zu sein: Gudrun und Frank hatten jedenfalls keine Lust mehr, weiter zu fahren, denn bei ihnen stand das Wasser schon in den Stiefeln. Sie machten kehrt und surften wieder nach Osten.

 

Mein Bruder hingegen war vom heftigen Regen so fasziniert, dass er jetzt mal die Wege abseits der Straßen erkunden wolle, so teilte er uns mit.

 

Also blieben nur Anja, Andreas und wir übrig, die die ursprüngliche Route weiterfahren wollten. Nicht jedoch, ohne in einem kleinen Bistro am Marktplatz erstmal eine Riesenpfütze von unseren tropfenden Klamotten und Helmen zu hinterlassen, einen Café au Lait zu schlürfen und wie die anwesenden Franzosen beim Pferderennen zu wetten. Da wir weder Ahnung von deren Pferden noch von den Wettregeln hatten, kreuzten wir auf dem Wettschein wahl- und planlos ein paar Zahlen an. Letzteres hat aber leider nur dem Buchmacher etwas gebracht.

 

Knapp sechzig Kilometer weiter westwärts, in Chalons en Champagne, meinte Andreas an einer roten Ampel, dass er einen Wegweiser zu einem tollen landestypischen Restaurant gesehen habe und wir da mal anhalten sollten:

 

Dem Schlitzohr ging es dann aber eigentlich gar nicht so sehr um die McNuggets und meinem Burger. Tatsächlich hatte er nämlich - genau wie ich - die ersten Wegweiser nach Paris gesehen und schlug vor, dass wir irgendwo am Wegesrand mal eben die obligatorischen Champagnerflaschen einkaufen und dann bis unter den Eiffelturm durchbrettern sollten; das hätte doch was.

 

Hin und zurück wären das jeweils knappe zweihundert Kilometer gewesen - normalerweise schaffbar, doch es goß immer noch in Strömen und mir machte eine Erkältung mit Fieber gehörig zu schaffen. Ausserdem hätten die zweihundert Kilometer nur die Anfahrt bis zum Stadtrand bedeutet, wir hätten bestimmt noch eine halbe Stunde durch den Moloch zum Zentrum gebraucht, garantiert noch auf der Champs-Élysées einen Kaffee getrunken und hätten das ganze ja auch wieder zurück fahren müssen.

 

Ich war mir nicht sicher, ob ich eine solche Tour unter diesen Bedingungen schaffen würde. Schweren Herzens lehnte ich ab; denn es hätte echt was gebracht, den "Daheimgebliebenen" abends beim Essen die Fotos von unseren Moppeds unter'm Eiffelturm zu zeigen...

 

Nachdem wir uns dann natürlich zu viert gegenseitig beteuerten, dass man ja immer mal nach Paris fahren könne und dass das ja nix so Weltbewegendes sei, sahen wir zu, dass wir zwischen zwei Regenwolken nach Epernay kamen.

Epernay, knapp 130 Kilometer westlich von Verdun, kann man als "Hauptstadt des Champagners" bezeichnen. Kommt man, wie wir, aus Richtung Osten, fährt man über die Avenue de Champagne in die Stadt ein. Links und rechts der Straße sieht man dann schon die Prachtbauten der renommierten Champagnerhersteller.

 

Statt den Reisebussen mit Heerscharen von Touristen in die Fabrik von Moët et Chandon zu folgen, zogen wir es vor, eine kleine, aber umso feinere Winzerei anzusteuern - und zwar die von André Bergère (Av. de Champagne Nr. 40).

 

Nachdem wir unsere Moppeds unter ein paar Feigenbäumen abgestellt hatten, enterten wir - wieder mal triefend naß - die Boutique. In Deutschland würde man deswegen vermutlich erstmal blöde angeguckt, aber nicht so hier. Freundlich wurden wir gefragt, wie viele Flaschen man uns denn zum Verköstigen öffnen dürfe.

 

Andreas und ich betonten gegenseitig, dass wir Fassbrause ja eh' nicht trinken würden, aber halt unsere Sozias. Also schlürften Anja und Helene genüßlich die ein oder andere kleine Probe der edlen Tropfen, während Andreas und ich mich über zwei händchenhaltende Pärchen in fliederfarbenen Polohemden lustig machten. Später bemerkten wir, dass die vier Jungs auch Deutsche waren und vermutlich alles mitbekommen hatten, was wir "political incorrect" so abgelassen hatten. C'est la vie...

 

Da wir das freundliche Angebot der Winzerei, nebenan im noblen Gästehaus zu übernachten, natürlich nicht wahrnehmen wollten, wanderten nach mehreren Proben schließlich vier Flaschen der edlen Produkte von Bergère in unsere Koffer und wir machten uns wieder auf die Socken.

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Noch eine kleine Runde um den Marktplatz von Epernay, eine kurze Kaffeepause in einem Bistro und schon düsten wir auf direktem Weg zurück nach Verdun. Leider hatten wir nicht mehr so viel Zeit zum gemütlichen Cruisen, denn wir wollten noch oberhalb von Verdun das Mahnmal des ersten Weltkriegs besichtigen.

 

Obwohl wir die zulässige Maximalgeschwindigkeit (90 km/h) inclusive großzügig bemessenem Toleranzwert bis zur Grenze ausreizten, kamen wir dort jedoch erst um 18.40 Uhr an - das Monument war leider schon seit 18.30 Uhr geschlossen...

 

Wir saßen dann einige Zeit oberhalb des Soldatenfriedhofs auf den Treppen und blickten auf die 15000 Kreuze hinab. In der Ferne bildete die Feuchtigkeit des Regens wabbernde Nebelschwaden, die sich langsam an den Abhängen hinunterschoben und durch die Wälder ausbreiteten.

 

Es sah aus, als handele es sich um den Rauch von abgeschossenen Kanonen und es fiel nicht schwer, sich in die Zeit von 1914-1918 hinein zu versetzen. Irgendwie war das auch ziemlich deprimierend, denn einer meiner Urgroßväter hat solche Bilder mal live gesehen - und das waren vermutlich dann auch die letzten Bilder, die er in seinem Leben gesehen hat. Man sagt, er sei bei einem der verheerenden Granatenangriffe ums Leben gekommen, man hat ihn jedoch nie gefunden bzw. nie identifiziert.

 

Dieses Schicksal teilten sich dort noch sage und schreibe mehr als hundertdreißigtausend andere Soldaten - deren Knochen liegen jetzt im Keller des Mahnmals und man kann sie selbst von außen durch die Kellerfenster sehen.

 

Jeder mit sich und seinen Gedanken bzw. seiner eigenen Vergangenheit beschäftigt, rollten wir dann langsam wieder in die Altstadt von Verdun.

 

Wir waren die letzten aus unserer Gruppe, die bei Einbruch der Dämmerung ins Hotel zurückkamen. Gudrun & Frank, die in Clermont en Argonne bereits die Segel gestrichen hatten, hatten sich einen schönen Nachmittag in Verdun gemacht. Meinem Bruder waren die Feldwege wohl auch ein bisschen zu suspekt, denn er hatte eine Riesenschleife über Epernay, Reims und Sedan gedreht - unmöglich, dies in der knappen Zeit auf Feldwegen zurückzulegen.

 

Nach dem Abendessen mit Pastis, Wein und Bier zog es uns dann nochmal für einen oder zwei Absacker in eine typische und einfache französische Bar namens "Point Central" am Place Nicolas Psaulme. Die drei einheimischen Gäste sahen genauso alt aus wie das abgesessene Mobiliar. Aber auch diese Szenerie hatte was. Es hätte niemanden gewundert, wenn plötzlich Louis de Funès reingekommen wäre.

 

Am Sonntagmorgen sind wir nochmal zum Mahnmal und zu den Bunkeranlagen von Fort Douaumont hochgefahren. Als ob man wollte, dass wir alles in farbiger, positiver Erinnerung behalten, strahlte jetzt sogar die Sonne und die Umgebung sah nicht mehr so gespenstig aus wie abends zuvor im Regen und Nebel - oder es lag schlicht daran, dass sich Gudrun jetzt endlich mal, allerdings überflüssigerweise, in ihre Regenkombi gequält hatte und sie partout auch anbehalten wollte.

 

Sie wurde damit zum running Gag auf der Rückfahrt - "Gudrun, Du darfst immer mit uns fahren, aber nur, wenn Du die Regenkombi trägst..."

 

Zurück ging es dann über die Landstraßen "2. Ordnung" - also die Nebenstraßen der Nebenstraßen - und in ständig abwechselnden Kurvenpassagen zurück nach Luxemburg. Dieses Mal fanden wir natürlich den "Einstieg" ins Ourtal und genossen bei trockener Straße dieses unbeschreibliche Motorradparadies, bevor es dann wieder gen Heimat ging. Der Weg zurück hielt noch ein paar spannende Eindrücke und Erlebnisse parat: Eine tote Wildsau, die im Straßengraben lag, zwei Rehe, die unmittelbar vor uns über die Straße sprangen und last, but not least, wurde Andreas von einer Wespe ins Gesicht gestochen. Zum Glück wurde die Schwellung nicht so stark und er konnte weiterfahren.

Reisetourer's Fazit

Wie gesagt, die Tour fiel zwar überwiegend ins Wasser und hatte einige bemerkenswerte Erlebnisse parat, aber sie hat sehr viel Spaß gemacht - nichtzuletzt dank unseren netten Mitfahrern...

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